Durch den Freitod sterben
mehr junge Menschen als im Straßenverkehr.
Die Zahl der Suizidversuche ist dabei
noch 20- bis 30-mal höher. Freitod -
keine Todessehnsucht, sondern eine Lebensverzweiflung
.
Jeder Freitodversuch erzählt eine Geschichte, die schon lange vorher begonnen hat. Es ist eine Geschichte von Selbstentdeckung, Selbstzweifel, von Versuchen, sich anderen verständlich zu machen. Es ist eine Geschichte der unbändigen Wut auf andere, auf sich selbst, die erschüttert, Angst macht, unterdrückt werden muss. Es ist eine Geschichte der Kränkung, der Nichtachtung, Verletzung und erlittenen Verspottung der eigenen Persönlichkeit, der eigenen Wünsche, Hoffnungen und Ängst. Es ist eine Geschichte, wie die von Alex, den ich bei meinen Recherchearbeiten zu diesem Thema im Internet kennen gelernt habe. Drei Freitodversuche hat er bereits hinter sich, aber das ist Vergangenheit. "Ich hab’s geschafft!“, will er allen Betroffenen mitteilen. Die Newsgroup im Internet ist für viele der einzige Weg, seine wahren Gefühle und Ängste anonym preiszugeben. Menschen, die sich in völliger Verzweiflung an jene wenden, die auch mal soweit unten waren und wieder aus dem großen schwarzen Loch herausgekommen sind. Angehörige, die einen Freund, Bruder oder Schwester durch einen Freitod verloren haben. Menschen, die mit ihrer Traurigkeit und ihren Ängsten nicht mehr alleine leben wollen. Vor allem in den Nachtstunden herrscht Hochbetrieb. "Die Nächte sind das Schlimmste, die Einsamkeit, die Aussichtslosigkeit“, erzählt Alex.

Das Schweigen bekämpfen

Dr. Rosemarie Mayr, Fachärztin an der Jugendpsychiatrie der Landesnervenklinik Salzburg, kennt die Situation der Verzweifelten. "Junge Menschen müssen wissen, an wen sie sich bei Sorgen wenden können.“ Konflikte zu Hause oder im Freundeskreis, Tod eines Nahestehenden, Trennung oder Gewalt in der Familie, zerbrochene Freundschaften, Liebeskummer oder Probleme in Arbeit oder Schule gehen oft einem Freitodversuch voraus. Danach brauchen sie unbedingt Menschen, die ihnen unendlich viel Liebe und Geborgenheit schenken. Aber auch professionelle Unterstützung ist unumgänglich. Die Fachleute erarbeiten gemeinsam mit dem Verzweifelten einen neuen Lebenssinn und Auswege aus der Situation. "Praktische Unterstützung beim Lösen dieser Situation ist wichtig, der junge Mensch muss sehen, dass ich etwas tue und nicht nur "schwafle‘". Was kann man nun tun, wenn man solch einem Menschen z. B. einen Freund helfen möchte? Hilfe bei der Bewältigung schwieriger Situation anzubieten, kann nie falsch sein. Mit Interesse zuhören ermutigt, Meinungen und Gefühle auszudrücken und zu verteidigen. Der Betroffene muss von sich selbst wieder eine positive Auffassung haben und sich selbst mit allen Schwächen und Fehlern akzeptieren. Denn das ist die Individualität eines jeden und für Alex eines der schönsten Dinge auf der Welt.

"Alles war irgendwie leer.
Ich fing an, mir Gedanken
zu machen, wozu das
eigentlich alles sei.
Irgendwie ergab das keinen Sinn.
Und dann immer
diese Leere. Gleichgültigkeit.
Es war egal, ob
Mittwoch war, ob die
Party stieg oder
ob ich lebe. Keine Tränen.
Schlafen...“
Alex, Internet

Du bist nicht allein!

• Projekt X: Selbsthilfegruppe für suizidgefährdete
Jugendliche: 0664 47 50 420
• Not- und Infotelefon von WEIL (weiter im Leben):
0664 35 86 786
• Ö3 Kummernummer: 0800 60 06 07
• Hilfe im Netz
www.neuhland.de
www.kummernetz.de
www.user.xpoint.at/smap
www.psychnet.at