Lebensmittel oder Heilmittel? Gesund durch Essen? "Funktionelle Ernährung" verspricht Produkte mit gesundheitsfördernder Wirkung. Sinnvoll oder nur Geschäft? EURO<26 hat den Trend unter die Lupe genommen:
 

Klar, jeder will gesund bleiben. Und, dass Obst, Gemüse und Vollkornprodukte gesund sind, wissen wir auch. Doch manchmal hat man einfach keine Zeit, bewusst zu essen. Dann stopft man Fast Food und Snacks in sich hinein. Klingt doch verlockend, dass es maßgeschneiderte Lebensmittel gibt, die Vitalität verleihen, gut schmecken, satt machen und sogar vor Herzinfarkt und Krebs schützen sollen. Diese Vorzüge versprechen die "Functional Foods". Der Begriff wird für Nahrungsmittel verwendet, die zusätzlich zu ihrem eigentlichen Nährwert eine Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens oder eine Risikoverminderung im Hinblick auf einige Krankheiten bewirken.
 
So sollen etwa Bakterien im Joghurt die Abwehrkräfte steigern und künstlich angereicherte Haferflocken den Cholesterinspiegel senken. Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten Functional Foods:
 
Probiotische Milchprodukte sollen aufgrund spezieller Milchsäurebakterien die Darmtätigkeit anregen und positiv auf Darmflora und Immunsystem wirken.
 
Prebiotische Molkeprodukte und Müsliriegel sollen mit ausgewählten Ballaststoffen vorteilhafte Bakterien im Darm fördern.
 
ACE-Getränke - angereichert mit dem Vitamin A (für Aufbau von Haut, Zähnen, Knochen und Schleimhäuten, Sehkraft und Stärkung des Immunsystems), Vitamin C (Schutz vor freien Radikalen) und dem Vitamin E (Schutz von roten Blutkörperchen und Muskulatur).
Brot mit Omega-3-Fettsäuren, das den Cholesterinspiegel senken und die Fließeigenschaft des Blutes verbessern soll.
 
Wellness-Drinks, die neben Vitaminen und Omega-3-Fettsäuren auch Alkohol enthalten und für mehr Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden gut sein sollen.
 
 
Folsäure in Frühstücksflocken soll bei schwangeren Frauen Fehlbildungen des Embryos vermeiden.

 
  Doch Functional Food ist nicht grundsätzlich mit "High-Tech"-Nahrung gleichzusetzen. Als funktionell kann eigentlich jedes Lebensmittel betrachtet werden, das nachweislich positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat. So auch der täglich genossene Apfel. Während in europäischen Ländern die Werbung mit Gesundheitsslogans auf Lebensmitteln verboten ist, ist sie in Japan, dem Mutterland des Functional Foods, gesetzlich verankert.
 
Über die USA kam der Trend erst Mitte der Neunziger nach Europa. Hier gibt es immer noch keine einheitliche Definition von Functional oder Design Food und dadurch haben die Firmen relativ große Freiheiten im Werben mit Unbewiesenem. Denn über Wirkung und Dosierung von funktionellen Nahrungsmitteln scheiden sich noch die Geister. Ob es uns nämlich wirklich an Vitaminen und Mineralstoffen fehlt, ist wissenschaftlich nicht erwiesen.
 
Eine positive Wirkung lässt sich derzeit meist nur aus Tierversuchen ableiten. Wie jedoch die Zusatzstoffe in Kombination wirken, ist dem Konsumenten nicht bewusst. So können etwa bestimmte Mengen eines Mineralstoffes die Aufnahme anderer Substanzen blockieren: Die Zufuhr von mehr als 50 mg Zink pro Tag wirkt sich negativ auf die Eisen-Aufnahme aus. Zu viel Eisen kann zu Mängeln bei Zink und Kupfer führen. Über die Wechselwirkungen ist einfach noch zu wenig bekannt.
 
Als erwiesen gilt, dass probiotische Joghurts die Darmflora verändern - zu Gunsten verschiedener Bakterienarten, die angeblich Krankheitserreger abwehren und die Verdauung anregen. Voraussetzung ist allerdings, dass täglich ein Becher Joghurt über mehrere Wochen hinweg verzehrt wird - und wer macht das schon so konsequent?
 
Was den Herstellern von "Design Food" zugute kommt, ist die Tatsache, dass die neuen Erzeugnisse bislang noch niemandem geschadet haben. Auch eine Überdosierung ist praktisch unmöglich. Der Markt für funktionelle Ernährung gilt als absoluter Wachstumsmarkt. Marktforscher vermuten, dass Functional Food in Österreich mit einem Umsatz von 30 Milliarden Schilling einen Marktanteil von rund 20 Prozent des Gesamtmarktes erreichen wird. Die Konzerne haben auch eine bestimmte Zielgruppe im Visier: gut verdienende, aktive und gesundheitsbewusste Menschen. Die neuen Produkte sind ja auch nicht gerade billig. Sinnvoll ist die funktionelle Ernährung auf jeden Fall für Personen, die auf Grund einseitiger Ernährungsweisen (Stress und Diäten) Mangelerscheinungen haben können, Patienten, die Medikamente nehmen müssen, die die Aufnahme bestimmter Nährstoffe erschweren und Schwangere mit vermehrtem Bedarf an Mineralstoffen. Die Produkte sind jedoch kein Ersatz für eine gesunde Lebensweise, ausgewogene Ernährung und Bewegung. Sie wirken bestenfalls unterstützend. 
 

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