In Österreich geht vieles langsamer. Österreich ist ja auch die Heimat der Downbeat-DJs Kruder & Dorfmeister und der Heiligabend-Heroen Gruber & Mohr. Es muss wohl ein Bedürfnis nach Ruhe, Wärme und Geborgenheit geben - nicht nur in Österreich, in der Musik und vor Weihnachten! |
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Wer in den vergangenen Monaten einen Plattenladen oder eine Diskothek betreten hat, dem werden zahlreiche Chillout- und Lounge-Compilations aufgefallen sein. Sanfte Vibes, die selbst beim Ausgehen die Behaglichkeit des heimischen Sofas nicht mehr missen lassen. Müßiggang statt Erlebniszwang. Eine neue Zeitkultur scheint sich anzubahnen und damit die Fähigkeit, die Zeit von Zeit zu Zeit zu vergessen. Diese Fähigkeit haben wir (eigentlich), denn seit wir denken können, denken wir nicht nur daran wie wir im Strom der Zeit Halt finden können, sondern beinahe ebenso oft denken wir daran, die Wachhunde des Bewusstseins - und damit auch des Zeitbewusstseins - zu überlisten. Aufgelöst im Rhythmus Via Musik, Tanz und Drogen über die Reling des Realitätsschiffchens hinauszuspringen und in die brausenden Wogen des unendlichen Universums einzutauchen. Somit sind auch Techno-Orgien in verwaisten Katakomben nichts anderes als Anläufe, einen Ausweg zu finden aus der Welt, der Zeit, dem Körper und aus sich selbst. Die Auflösung der eigenen Grenzen im Rhythmus und in der Lautstärke, die Aufhebung der Herrschaft der Zeit in der Zeitlosigkeit der Ekstase, das Verschwinden des Einzelnen in einer großen Masse und das Abgeben des Alltags-Ich ans Außer-sich-sein. Eine Form des Widerstandes gegen die Zeitnormen einer Gesellschaft, deren Hauptritual nur noch darin besteht, jeden Morgen um die gleiche Zeit aufzustehen und den gleichen Pflichten nachzugehen. Auf Raves ist die Zeitrechnung außer Kraft gesetzt. Entsprechend gewaltig ist die Verführungskraft von Techno. Doch der Euphorie über den nicht enden wollenden Tag folgt unweigerlich der Absturz in die Depression: Die rauschende Party endet mit einer veritablen Katerstimmung. Selbst Paradiese sind nur auf Zeit paradiesisch. Techno ist so gesehen nichts weiter als die Fortsetzung eines beschleunigten "immer schneller, immer mehr"-Leben. Die Nonstop-Gesellschaft hat ihren pausenlosen Soundtrack erhalten. Doch Techno birgt ein Geheimnis - die Ruhe der Chillout-Lounge. |
Pause vom Nonstop-Soundtrack Chillout ist die Zeit nach einem Rave, die Zeit um sich auszuruhen und abzukühlen. Lieb und friedlich kuscheln sich alle aneinander und treiben auf einer Woge sanft fließender Ambient-Musik. Man ist zusammen, mehr nicht. Chillout-Rooms dienen nicht mehr der Ekstase, sondern der Beruhigung und Sammlung der Kräfte. Wie wär es also mit einem kollektiven Chillout als neuen Trend, als Ausdruck des Endes des dynamisierten Zeitnotstands? Der höchste Luxus, dem wir frönen werden, soll sein, uns Zeit zu nehmen und sie zu genießen - so genanntes "Balancing" zwischen Pflicht- und Privatleben. Vor allem jetzt, da sich die Grenzen zwischen Öffentlichem und Privatem, Realem und Inszeniertem auflösen. Eine entschleunigte Lebenskunst, die mehr bietet als die kurze Ekstase. Jugend ist immer ein Barometer der Gesellschaft, weil sie Befindlichkeiten und Tendenzen früher und vor allem expressiver widerspiegelt als der Rest. Sie outet (bevölkerungsrepräsentative) Realitäten, indem sie sie entweder pointiert oder aber indem sie sich gegen den Trendmainstream stellt. Chillout ist eine Zeitempfindung als jugendkultureller Stil. Abkühlzimmer mit Ambiente Abkühlzimmer sind auch jenseits der jugendlichen Techno-Szene begehrt. Der Rhythmus des Chillens ist zurückgenommener und unterschwelliger. Ambient repräsentiert mehr als Musik - es ist vielmehr eine intellektuell meditative Geisteshaltung. Wenn der Erlebnishunger gesättigt und der Wille nach Mehr für einen kurzen Augenblick befriedigt ist, steigt das Bedürfnis "zeit-los" zu sein. Am Abend auf der faulen Haut zu liegen, die Hände in den Schoß zu legen, Däumchen zu drehen und dem lieben Gott die Zeit stehlen. Kein Clubbing, kein Rave, kein After-Work, keine Sonstwie-Party, sondern mit Freu(n)den in einer Lounge abzuhängen, zu entspannen. Eine Reise ins Wunderland anzutreten, sich mit einem kraftvollen Schritt von der Alltagswelt abzustoßen und die täglichen Gewohnheiten wie lästige Kletten abschütteln. Loungen zu Haus Für deine Chillout-Lounge zu Hause, wenn die Tage kurz sind und Väterchen Frost vor der Tür steht, können wir dir eines empfehlen: Das Licht runterdimmen, "Café del Mar", "Coffeeshop" oder "Kruder und Dorfmeister" lauschen, am Sofa lümmeln und sich ruhig stellen. Lasst es euch gut gehen! |
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Chill'n'lounge Navigator Wien Das "Flex" ist mittlerweile zu einer festen Institution geworden. Kruder & Dorfmeister lassen hier die Platten drehen. Klassischer Chillout-Tag ist der Montag, wenn der "Dub-Club" seine Pforten öffnet. Auch die "Meierei" im Stadtpark ist eine bekannte Adresse, wenn es um ruhige elektronische Musik geht. Salzburg Wer etwas anspruchsvoller zu Klängen von Mo' Horizons oder den Sofa Surfers chillen möchte, der sollte am Freitag oder Samstag den "Tribeclub" in Salzburg besuchen. Die ungewöhnliche Location (Kaverne-Berghöhle) in Verbindung mit von Multimedia-Künstlern designten Dia-Shows lädt zum Loungen ein. Innsbruck Der "Couchclub" bietet den Chill-Overkill bei der Veranstaltungsreihe "DJs, Kaffee und Kuchen", die zweimal im Monat am Sonntagnachmittag stattfindet. |