Neue Erkenntnisse zeigen, dass Frauen eigene Strategien haben, den Richtigen zu finden.
Die Wissenschaft und ihre Erkenntnisse waren jahrzehntelang von Männern dominiert. So auch ihre Aussagen. Erst seit die Frauen ähnliche Schlüsselpositionen in der Forschung einnehmen, wird manches anders gedeutet. Vor allem, was das Zusammenleben betrifft. Die Primatenforscherin Alison Jolly hat mit ihren Thesen überrascht und das Weltbild ganz schön in's Wanken gebracht. Letztenendes mussten aber selbst ihre männlichen Kollegen zugeben, dass sie durchaus Recht haben könnte. "Warum", so Jolly, "ist eine Affengruppe mit einem Männchen und vielen Weibchen automatisch ein Harem und nicht eine Gruppe Weibchen, das sich einen Gigolo hält?" Ja, warum eigentlich.
Ähnliches kennt man auch aus der Archäologie. Warum, schrieb beispielsweise der Spiegel in einer Geschichte über "Das wahre Geschlecht", werden Handelsgüter in einem Frauengrab als Teile ihres Haushalts gedeutet, gelten aber in einer Männergruft automatisch als Zeichen dafür, dass er mit Waren handelte?
Der Duft der Männer
Frauen handeln im Liebesleben unauffälliger, was längst nicht heißt, dass sie keine Strategien verfolgen würden. Vor allem dann, wenn es darum geht, den Richtigen zu finden. Das belegen neueste Studien, eine davon aus dem Labor der Universität Bern. Dort hat man Frauen auf verschwitzte MännerT-Shirts aus 100-prozentiger Baumwolle angesetzt. Sie wurden von Männern davor an zwei aufeinanderfolgenden Nächten getragen. Dabei kam Überraschendes zutage: am liebsten hatten die Frauen jenen Duft, der sich am stärksten von ihren Immun-Genen unterscheidet. Denn was man aus dem Tierreich schon lange kannte, gilt offensichtlich auch für Menschen. Ein gegensätzliches Immunprofil sichert dem Nachwuchs stärkere Abwehrkräfte im Kampf gegen Krankheitserreger. Ein neues Kapitel in der Biologie der Partnerwahl. Sobald Frauen schwanger sind, kehren sich ihre Geruchsvorlieben allerdings um. Dann bevorzugt man Männer mit ähnlichen Genen, die als "Verwandtschaft" bei der Aufzicht der Kinder helfen sollen. Wenn Frauen mit der Pille verhüten verändert sich durch den erhöhten Östrogenspiegel allerdings ihre Wahrnehmung.
Ebenfalls neue Studien belegen, dass die Kunst der Frauen, den zumindest biologisch Richtigen zu erschnuppern, auf die mögliche Empfängnis Einfluss hat. Denn ob eine Befruchtung stattfindet und das Kind ausgetragen wird, entscheidet, so Studienleiter Wedekind der Universität Bern im Geo-Interview, der Körper. Bei Paaren mit ähnlichen Genen kommt es häufiger zu Fehlgeburten.
Auch Frauen gehen fremd
Dass Männer fremdgehen, wurde bis jetzt als von der Natur mitbestimmt erklärt. Da der Mann letztenendes ja auch da ist, um Kinder zu zeugen, ist die Quantität - biologisch gesehen - ein Vorteil. Moralisch natürlich keine Entschuldigung. Dementsprechend haben allerdings Frauen genausogute Gründe, ihr Liebesnest mit mehreren Partner zu teilen. Denn je mehr potenzielle Erzeuger hinter der Nachkommenschaft stehen, desto größer die Chancen, dass die Kinder gut ernährt werden. Interessant, was dazu das Leipziger Max-Planck-Institut zutage gebracht hat. 14 Jahre lang wurde eine Schimpansengruppe intensiv erforscht und keinem war aufgefallen, dass die Schimpansenweibchen Liebhaber aus einem anderen Stamm haben. Erst jetzt, wo genetische Vaterschaftstest vorliegen, zeigte sich, dass die Hälfte der Nachkommen "auswärtige" Väter hat. Eine Wiener Untersuchung hat übrigens belegt, dass Frauen vor allem an ihren fruchtbaren Tagen bereit sind, fremdzugehen. Dafür gibt es auch ein modernes Wort: "Gene-Shopping" bezeichnen Wissenschaftler dieses Verhalten. Während an den normalen Tagen partnerschaftlichen Männern der Vorzug gegeben wird, sind es an den fruchtbaren Tagen Männer, die mehr Aggression und "Männlichkeit" verbreiten.
Die Zukunft
Treue wird wieder groß geschrieben. Obwohl die uralte Institution der Bis-an-dein-Lebensende-Gemeinschaft im neuen Jahrtausend nicht mehr viel Gültigkeit hat, wie die Scheidungsziffern zeigen, ist der Zusammenhalt der Paare gefragter als je zuvor. In einer rasend sich verändernden Zeit spielt emotionale Sicherheit eine große Rolle. Mehr als 70 % der Erwachsenen in Österreich und Deutschland gehen davon aus, dass sie irgendwann den Partner fürs Leben finden, unter den Jugendlichen glauben 94 Prozent an die große Liebe. Sexualität istdabei ein wichtiger Faktor im Gemeinschaftsleben, aber - so der Trend - bei weitem nicht der wichtigste. Treue, Verständnis, Zärtlichkeit und Intelligenz wird, wenn es um Entscheidungen geht, der Vorzug gegeben.
Der Sex von morgen wird ähnlich ablaufen, wie der Sex von heute. Auch wenn man sich sexuelle Leistungen mit Hilfsmitteln wie Viagra erkaufen kann. Über die Zukunft der Fortpflanzung hingegen, kann man nur mutmaßen. Die Erfindung der Pille hat Sex ohne Nachwuchs möglich gemacht. Künstliche Befruchtung, Leihmutterschaft, Samenbanken und vieles mehr machen nun Nachwuchs ohne Sex möglich. Es ist durchaus denkbar, dass es in 20, 30 Jahren ganz normal ist, dass sich Männer und Frauen Eier und Samen zu einem Zeitpunkt entnehmen und einfrieren lassen, wenn sie am fruchtbarsten sind. Die Kinder allerdings erst dann im Reagenzglas zeugen, wenn es ihrer allgemeinen Lebensplanung entspricht.